Bildschirmaufrufe in der Diabetesversorgung

Bildschirmaufrufe in der Diabetesversorgung

 

Bart Degryse, Innovationsmanager bei Wit-Gele Kruis Westflandern über die Einführung der Bildschirmarbeit

Nicht nur in den Niederlanden hat die digitale Pflege via Webcamconsult im vergangenen Jahr stark zugenommen. Bis 2020 ist die Zahl der im Ausland durchgeführten Webcamkonsultationen bereits auf 19 % der Gesamtzahl der Gespräche angestiegen. Im Jahr 2021 sind es sogar 25%.

Videosprechstunden sind heute ein fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung

Bart Degryse, Innovationsmanager bei Wit-Gele Kruis West-Flanders über die Einführung von Screen Care

Nicht nur in den Niederlanden hat die digitale Pflege per Webcam-Beratung im vergangenen Jahr dramatisch zugenommen. Bis 2020 stieg die Zahl der im Ausland durchgeführten Webcam-Beratungen bereits auf 19 % der Gesamtzahl der Gespräche. Im Jahr 2021 wuchs dieser Anteil weiter auf 25%.

2020/2021 markiert auch für die häusliche Pflegeorganisation Wit-Gele Kruis aus Belgien einen Wendepunkt in der digitalen Pflege. Mit rund 1.000 Mitarbeitern pro Provinz und 1.450 Kollegen in Westflandern ist sie eine der größten häuslichen Pflegeorganisationen des Landes.

Bart Degryse, Innovationsmanager bei Wit-Gele Kruis in Westflandern, erzählt uns von der digitalen Umstellung im vergangenen Jahr. Wie läuft die Umsetzung der Bildschirmarbeit in der Praxis ab?

 Degryse: "Die digitale Versorgung hinkt in Belgien im Vergleich zu den Niederlanden etwas hinterher. Das liegt zum Teil am Erstattungssystem, das sich von dem Ihren unterscheidet."
Bei Wit-Gele Kruis haben wir interne Spezialisierungen in verschiedenen Bereichen. Zum Beispiel Wundversorgung, Ergonomie, Geriatrie, Medikamenten- und Diabetesversorgung. Letztes Jahr haben wir die Einführung der Bildschirmarbeit für unsere Diabetes-Kunden beschleunigt. Wir waren dazu gezwungen, weil Corona unsere Standardpflege unmöglich gemacht hat.

Von der Arteveldehogeschool erhielt Wit-Gele Kruis Hilfe bei der Einführung der bildschirmgestützten Pflege,

.Degryse: "Von der Arteveldehogeschool in Gent erhielten wir Unterstützung bei der Einführung der Bildschirmarbeit. Wir wurden von Forschern angeleitet, die sich mit der Frage beschäftigten, wie die ambulante Pflege besser gestaltet werden kann.
Dabei ging es nicht nur um das Aufrufen von Bildern, sondern auch um Technologie, technische Bedingungen und Privatsphäre. Es ging auch um die Unterstützung von Nutzern und Praktikern.
Um ein bisschen tiefer in die Privatsphäre einzudringen, gab es zum Beispiel Chat-Nachrichten mit Klienten. Und das ist im Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung nicht erlaubt.

Corona war übrigens nicht der Grund, mit Videoberatungen zu beginnen, wir arbeiteten bereits in kleinerem Rahmen daran. Es hat uns jedoch die Möglichkeit gegeben, schnell aufzustocken und unsere Diabetes-Kunden weiter zu betreuen."

Degryse sagt, dass spezialisierte Krankenschwestern aus den verschiedenen Bereichen ausgebildet werden. Diese werden als 'Referenzschwestern' oder 'Ausbilder' bezeichnet und dienen als Fragesteller für andere Krankenschwestern. Die Experten befassen sich mit... neuen Techniken, digitaler Pflege und der Erweiterung des Wissens innerhalb des Fachgebiets. Alles mit dem Ziel, dieses Wissen mit Kollegen zu teilen.
In mehreren Schritten wurde die Bildschirmarbeit innerhalb des Weiß-Gelben Kreuzes eingeführt.

Degryse: "Wir haben damit begonnen, eine Liste mit funktionalen Anforderungen aus Sicht der Nutzer zu erstellen. Hier haben wir uns zum Beispiel die Möglichkeiten der Abfrage von Benutzerberichten sowie ein Zahlungsmodul angesehen. Dies sollte nicht nur für den Bereich Diabetes, sondern auch für andere Bereiche anwendbar sein.
Wir haben uns übrigens entschieden, mit Diabetes-Kunden zu beginnen, weil hier auch die Möglichkeit besteht, sich die Videoberatung erstatten zu lassen. Unsere Kunden haben Anspruch auf 5 Behandlungen pro Kalenderjahr, und das schließt die Erstattung der Bildschirmarbeit ein. Derzeit prüft die Regierung, wie nach der Corona-Pandemie auch Telekonsultationen in das Erstattungssystem einbezogen werden können."

"Der nächste Schritt bestand darin, zu prüfen, wie man mit den Menschen über die Bildschirmarbeit kommunizieren kann. Dazu haben wir auch mit anderen Parteien gesprochen, um sie nach ihren Erfahrungen in diesem Bereich zu fragen. Dann haben wir uns mit dem Datenschutz bei der digitalen Pflege befasst.  Sind Kooperationspartner, wie Webcamconsult, bereit, etwas zu unterschreiben? Schließlich müssen sie ja garantieren, dass alles GDPR-konform ist. Glücklicherweise ist dies der Fall.
Wir haben auch eine Finanzanalyse durchgeführt. Rückblickend war es eine gute Entscheidung, in Image Calling zu investieren, insbesondere angesichts der Entwicklungen bei Covid-19."

In Westflandern gibt es 23 Diabetesaufklärer. Vier von ihnen sind bei Wit-Gele Kruis am Aufbau und der Einführung der Bildschirmarbeit beteiligt. Es sind die so genannten 'Image Call Ambassadors'. Untereinander begannen sie mit Tests, um alle Details kennenzulernen.

Degryse: "Nachdem die vier Erzieherinnen ihren Lernprozess abgeschlossen hatten, begannen wir intern zu kommunizieren. Was genau ist Screen Care und wofür setzen Sie es ein? Wir setzen es nicht als Ersatz für Hausbesuche ein, sondern als ergänzende Fernbetreuung. Wir werden keine Bildanrufe bei einem Kunden machen, den wir noch nie zu Hause besucht haben. Außerdem müssen sie bereit sein, Webcamconsult zu nutzen, und zu Hause über die technischen Ressourcen wie geeignetes Internet und einen Laptop, ein Tablet oder ein Handy verfügen.

Unser Evaluierungsbericht, der noch für Covid-19 erstellt wurde, kam zu einem positiven Ergebnis in Bezug auf die Bildschirmarbeit. Wir hatten bereits beschlossen, die zweite Phase mit Kunden einzuführen. Corona hat alles beschleunigt. Es gab Fragen aus der Praxis zur Nachbetreuung, weil viele der Besuche vor Ort zum Stillstand gekommen waren. Es wurden acht zusätzliche Erzieher ausgebildet, so dass wir jetzt insgesamt 12 sind. Außerdem haben wir das Team um einen Ernährungsberater erweitert."

Bart Degryse zufolge wird die Videosprechstunde bei der häuslichen Krankenpflegeorganisation bleiben. Dabei rechnet er zwar mit einem Rückgang der Zahl der Beratungen, wenn sich die Gesellschaft wieder normalisiert. Aber er geht auch davon aus, dass Corona noch einige Jahre unter uns sein wird. Der Bereich Wit-Gele Kruis Limburg hat ebenfalls vor kurzem damit begonnen, Videoanrufe zu nutzen, und prüft die Möglichkeit, dies auch im Bereich der Mutterschaftsbetreuung anzubieten. Hier erwartet der Innovationsmanager weniger Berührungsängste in Bezug auf technische Fragen aufgrund der jüngeren Zielgruppe der Klienten, die im Allgemeinen besser mit Videoanrufen vertraut sind als die Diabetes-Zielgruppe, die im Durchschnitt älter ist. Er weist auch darauf hin, dass die Rolle der Pädagogen einen wertvollen Beitrag zur  erfolgreichen Implantation  

Degryse: "Die richtige Unterstützung für das Pflegepersonal ist wirklich notwendig. Man muss sie mit einem gewissen technischen Wissen ausstatten, aber nicht jeder hat gleich viel davon. Deshalb bemühen wir uns so sehr um die Unterstützung durch unsere Ausbilder, und es funktioniert.
Hier bauen einige Studenten der Pflegetechnik die Kommunikation rund um die Bildschirmarbeit auf. Denken Sie zum Beispiel an Erklärungsvideos und Tutorials."

"Der nächste Schritt ist nun die Integration mit unserem Backoffice-System. Es handelt sich um eine geschützte Citrix-Umgebung, aber es ist machbar. Wenn wir weiter aufstocken, sollte die Integration optimal sein.
Wir sehen viele Möglichkeiten für die Bildschirmarbeit in der Zukunft. Wichtig ist, dass man gut vorbereitet startet. Was wollen Sie damit erreichen und stellen Sie sicher, dass Sie zuerst einen Business Case haben. Die Unterstützung der Mitarbeiter muss vorhanden sein, damit man loslegen kann. Aber wenn diese Schritte erst einmal getan sind, bietet es enorme Möglichkeiten. Das haben wir im letzten Jahr in der Praxis erlebt."


Von der Fachhochschule VIVES wird das Weiß-Gelbe Kreuz im Bereich der Kommunikationsmittel unterstützt. Aus dem Bachelor-Studiengang 'Care Technology' sind Jutta De Ganck, Tim De Neve und Dimitri Van Britsom beteiligt.

Tim: "Wir arbeiten derzeit an einem Poster, einem Flyer und einem Video. Darin erklären wir, wie die Kommunikation zwischen Klient und Therapeut am besten durch eine Webcam-Beratung erreicht wird.
Wir testen die verschiedenen Hilfsmittel mit einer Zielgruppe von Senioren und nehmen gegebenenfalls Anpassungen vor.
Das Weiß-Gelbe Kreuz hatte bereits ein Dokument mit etwa 20 Punkten, das aber von der Zielgruppe nicht richtig gelesen wurde. Unser Projekt konzentriert sich darauf, die Kommunikation attraktiver zu gestalten. Wir setzen verstärkt visuelle Elemente wie Piktogramme, Fotos, Videos und Infografiken ein."

Dimitri: "Vor allem bei der älteren Generation ist die Bildschirmarbeit wichtig. Der Kunde muss in der Lage sein, sich an der Geschichte zu beteiligen. Ich sehe, dass meine Klassenkameraden und Freunde alle kein Problem damit haben und offen dafür sind."

Jutta, "Was wir sehen, ist, dass Screen Care ziemlich einfach umzusetzen ist, aber viele Ärzte wissen das nicht und denken, es sei komplex. Aber in Wirklichkeit ist die Arbeitsbelastung im Gesundheitswesen hoch, und die Digitalisierung kann dabei helfen."

Bert van Gerwen, Webcamconsult, über die Ausweitung der digitalen Pflege
Bert van Gerwen, Webcamconsult, "Große Gesundheitsorganisationen haben in ihre Zielvorgaben aufgenommen, dass 25-50 % der Konsultationen in Zukunft digital erfolgen werden. Und überall kann man im Moment beobachten, dass die digitale Versorgung zunimmt. Wir selbst sehen das auch. Viele Millionen Minuten pro Jahr werden für die bildschirmbasierte Pflege über Webcamconsult aufgewendet.

Wir sind noch in der frühen Mehrheit, was die Zielgruppe betrifft, und haben noch einen Weg zur späten Mehrheit vor uns. Aber der Anstoß, den das Gesundheitswesen braucht, um digitaler zu werden, ist 2020 in vollem Gange, und 2021 sehen wir enorme staatliche Anreize für den Ausbau. Die Hybridversorgung wird sich zunehmend durchsetzen. Und das ist auch dringend nötig, denn die Kosten für die Pflege steigen immer mehr und es gibt auch einen Rückstand aufzuholen.
Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir intern die Möglichkeiten haben, die Gesundheitsorganisationen dabei zu unterstützen."